FEST DER HL. FAMILIE

1921 wurde das „Fest der Hl. Familie“ eingeführt: Der 1. Weltkrieg hatte alles erschüttert und durcheinander gebracht: Das Fest der Heiligen Familie sollte bestimmte Lebenswerte, die verdrängt oder verloren gegangen waren, wieder in den Mittelpunkt stellen. Dieses Fest wollte den unersetzlichen Wert der Familie für das Leben eines Menschen vor Augen führen. Leider wurde die Hl. Familie (Maria, Josef und Jesus) oft total idealisiert und auf ein hohes, unerreichbares Podest gestellt.

Zunächst einmal ist es gut festzuhalten, dass auch die Familie von Jesus nicht so spannungsfrei war:

* Denken wir daran, wie Jesus im Lukasevangelium als Zwölfjähriger im Tempel zurückblieb, und auf die Frage seiner Mutter („Kind, warum hast du uns das angetan?“) einfach nur antwortet: „Wie konntet ihr mich suchen? Wusstet ihr nicht, dass ich im Haus meines Vaters sein muss?“ Seine Eltern verstanden nicht, was er damit meinte. Aber hier klingt es schon an: Für Jesus war die Familie nicht der höchste Wert. Für ihn stand Gott an erster Stelle.

 

* Das wird später dann im Markusevangelium, Kap. 3, bestätigt: Seine Mutter und seine Brüder wollten zu ihm, konnten ihn aber wegen der vielen Leute nicht erreichen. Man sagte dann zu Jesus: „Deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und wollen dich sehen.“ Auf die Menschen um ihn herum blickend antwortet Jesus dann: „Das sind meine Mutter und meine Brüder. Wer nach dem Willen Gottes handelt, der ist für mich Bruder, Schwester und Mutter.“ Gott ist also wichtiger als alles andere, auch als die Familie.

* Im Markusevangelium finden wir auch die Stelle, wo die Angehörigen von Jesus eingreifen wollen: „Seine Angehörigen ... machten sich auf den Weg, um ihn mit Gewalt zurückzuholen; denn sie sagten: Er ist von Sinnen.“

* Oder denken wir an die Szene im Johannesevangelium, wo es einen Konflikt mit seinen Brüdern gibt und wo ausdrücklich gesagt wird: „Auch seine Brüder glaubten nämlich nicht an ihn.“

Auch die Familie von Jesus war kein total konfliktfreier Lebensraum. Für Jesus ist die Familie nicht das höchste Gut und deswegen widerspricht er allen, die sagen: „Meine Familie ist mir das Allerwichtigste im Leben.“

Trotzdem ist die Familie für jeden Menschen ein sehr wichtiger Lebens- und Beziehungsraum, um wirklich Mensch werden zu können. Hier soll man an erster Stelle die Grundwerte und die Grunderfahrungen machen können, die man für das ganze Leben braucht.

Um welche Grunderfahrungen, um welche Lebenswerte geht es? In seinem Brief an die Christen von Kolosse (erste Lesung erwähnt Paulus da ganz wichtige Haltungen für einen Christen, Haltungen, die man von Klein auf, in der Familie lernen muss, denn sonst ist es meistens zu spät:

Mitgefühl miteinander, entgegenkommend sein, Nachsicht und Toleranz üben, einander ertragen, einander vergeben, lieben lernen, glauben lernen. Das sind Lebensweisen, Lebenshaltungen, Lebenswerte, die man als Kind nicht theoretisch, sondern praktisch einübt, wenn die Familie tatsächlich danach lebt.

Wenn nicht, dann hat man es im Leben schwer wirklich mit und nach diesen Grundwerten zu leben. Hier spielt also die Familie eine unheimlich wichtige Rolle für unser ganzes Leben. In ihr werden die Grundsteine für das spätere Leben gelegt. Hier lernt man - in der Praxis - die Grundwerte, die das Leben lebenswert machen, kennen oder auch nicht. Daran will uns das Fest der Hl. Familie erinnern.

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